Offener Brief an die Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags

Der Freundeskreis Asyl Kirchberg-Jagst ist entsetzt darüber dass sich die Landesregierung von Baden-Württemberg an den von der Bundesregierung gewollten Abschiebungen von Flüchtlingen nach Afghanistan beteiligt.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat mehrfach auf die sich ständig verschlechternde Sicherheitslage in Afghanistan hingewiesen und auch das Auswärtige Amt spricht für Afghanistan unverändert Reisewarnungen aus. Schleswig-Holstein hat sich deshalb für einen Abschiebestopp nach Afghanistan entschieden und weitere Bundesländer setzen die Abschiebungen nach Afghanistan aus - aber nicht Baden-Württemberg.

Bei einer dieser Abschiebungen ist ein gut integrierter schon länger im Kreis Schwäbisch Hall lebender junger Mann nach Afghanistan abgeschoben worden, wo er weder Verwandte noch Freunde vorfindet, da seine Familie vor über fünfzehn Jahren in den Iran übersiedelte. Seine Integrationsleistungen sind bei der Entscheidung ebenso wenig berücksichtigt worden wie das fehlende soziale Netz in Afghanistan. Beides wurde entweder gar nicht geprüft oder es war den Behörden gleichgültig.
Wenn jetzt bei dem Kompromiss der Grün-Schwarzen Koalitionspartner vereinbart worden ist, dass vor Abschiebungen nach Afghanistan die zuständigen Behörden jeden Einzelfall besonders sorgfältig prüfen, heißt das, dass auf diese sorgfältige Prüfung bisher verzichtet worden ist.

Das zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe soll nach dieser Vereinbarung künftig vor allen Abschiebungen unter Anderem prüfen, ob eine der folgenden Ausnahmen zutrifft: dass ein Flüchtling gut integriert ist, schon länger in Deutschland lebt und eine Ausbildung macht oder für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommt. Zu dieser Prüfung wären die Behörden auch ohne einen solchen Kompromiss schon immer verpflichtet gewesen, wenn sie Asyl- und Flüchtlingsrecht ernst genommen hätten.
 
Diese Regelung kann im Einzelfall helfen. Doch schon die Aussage von Innenminister Strobl, dass sich jetzt weder die Rechtslage noch die Behördenpraxis geändert habe, zeigt, dass ein Umdenken nicht einmal in Ansätzen stattgefunden hat. Der Hauptvorwurf ist aber, dass der Kompromiss hinnimmt, dass die Bundesregierung aus politischen Motiven die von ihr selbst in Auftrag gegebene Einschätzung der Sicherheitslage in Afghanistan durch das UN-Flüchtlingswerk einfach ignoriert.

Der Freundeskreis Asyl Kirchberg fordert von den baden-württembergischen Landtagsabgeordneten, dass sie – wenn nicht schon geschehen - die UNHCR-Einschätzung der Sicherheitslage in Afghanistan anerkennen und darauf drängen, dass die Landesregierung Abschiebungen nach Afghanistan aussetzt.

Für Freundeskreis Asyl Kirchberg-Jagst: Bernard Cantré, Pfarrer Alfred Holbein und Hildegard Steiner


Folgende Mitglieder der beim kreisweiten Konvent am Donnerstag, dem 16. März 2017 in Eckartshausen anwesenden Flüchtlingsinitiativen unterstützen das Anliegen des Kircherger Freundeskreises Asyl und schließen sich seiner Forderung an:
Andreas Grandic und Hartmut Siebert, Freundeskreis Asyl Schwäbisch Hall
Beate Meier-Lang Begleitkreis Birkenhaus, Schwäbisch Hall
Pfarrerin Betty Bayer, Bezirksbeauftragte für Asyl und Migration, Kirchenbezirk SHA
Annette Wörner, Arbeitskreis Diakonie und Torsten Uhr, Pastor der Gemeinschaftsgemeinde Glocke, Schwäbisch Hall
Walter Gronbach, Freundeskreis Asyl Tüngental
Inge Kaiser und Wolfgang Rupp, Freundeskreis Asyl Crailsheim
Claudia Arndt, Freundeskreis Asyl Gerabronn
Klaus Förster, Arbeitskreis Asyl Vellberg
Michaela Garimort, Wolfgang Gold, Hannelore Wüstner, Kreisrätin Claudia Kern-Kalinke, und Peter Trumpp, Freundeskreis Asyl Ilshofen
Pfarrer Markus Götz, Freundeskreis Blaufelden
Andreas Grüb, Freundeskreis Asyl Langenburg
Irmgard Hetzel-Ulshöfer, Freundeskreis Asyl Gaildorf